Warum wir wie unsere Eltern werden
Warum wir wie unsere Eltern werden
Und wie wir die Eltern-Falle umgehen können
Ertappst du dich auch manchmal dabei, zu sprechen wie deine Mutter? Bemerkst du in bestimmten Situationen, dass du das gleiche Entscheidungsverhalten an den Tag legst wie dein Vater? Denkst und handelst du zunehmend wie deine eigenen Eltern? Wiederholen sich vielleicht sogar ganze biographische Passagen der Geschichte deiner Eltern in deinem eigenen Leben? Vielleicht kommt dir dabei etwas in den Sinn wie
Hilfe! Ich werde wie meine Eltern!
Und das obwohl du genau das niemals wolltest? Ich kann dich beruhigen: Die Rolle des rebellischen Teenagers über die Zeit abzulegen und sich den Handlungen, Gedanken und Einstellungen seiner Eltern anzupassen ist völlig normal. In diesem Artikel stelle ich dir verschiedene Modelle vor, die erklären weshalb du deinen Eltern immer ähnlicher wirst. Die gute Nachricht: Es gibt auch Möglichkeiten, diese Entwicklung zu beeinflussen. Wie du die Eltern-Falle umgehst und es dir gelingen kann, deinen eigenen Weg zu gehen, erfährst du jetzt.
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Genetischer Einfluss
Der Einfluss der elterlichen Gene zeigt sich oft stark im äußeren Erscheinungsbild – du hast vielleicht die Augen eines Elternteils, die gleiche Haarfarbe oder die vollen Lippen. Nur zu erwarten ist also auch eine rein genetische Vererbung von Denkstrukturen und Verhaltensweisen. Ganz so einfach ist es aber nicht. Es gibt verschiedene sogenannte „Vererbungssysteme“. Dazu zählen neben der genetischen Vererbung auch die Umwelt und kulturelle sowie soziale Einflüsse. Das erste Vererbungssystem, die klassische genetische Vererbung, trägt ihren Teil dazu bei, dass wir uns ähnlich unserer Eltern entwickeln. Durch sie werden äußere körperliche Merkmale, wie die Augen- und Haarfarbe weitergegeben. Auch die Vererbung bestimmter Erbkrankheiten fällt unter diese Kategorie. Jedoch wird bereits im Rahmen der klassischen genetischen Vererbung der Grundstein für die eigene Persönlichkeit gesetzt: Die Voraussetzungen für bestimmte Aspekte der Persönlichkeitsentwicklung erbst du von deinen Eltern. Das bedeutet jedoch nicht, dass du diese geerbten Persönlichkeitszüge, wie z.B. die Introvertiertheit dann auch wirklich entwickelst – geerbt wird im ersten Schritt nur die Tendenz dazu. Auch deine Reaktionstendenz erbst du im ersten Schritt von deinen Eltern. Durch die Übertragung ihrer sogenannten Serotonin-Transporter-Gene auf dich wird entschieden, welche emotionale Reaktion du später zeigen wirst – aber nur tendenziell. Die tatsächliche Reaktion ist von weit mehr Faktoren abhängig.
Erfahrung & Erziehung
Als mitunter am entscheidendsten für unsere tatsächliche Entwicklung hat sich die persönliche Erfahrung sowie das soziale Lernverhalten bewiesen. Dein Leben lang, in der Kindheit verstärkt, stehst du unter dem Einfluss wichtiger Bezugspersonen – allen voran deinen Eltern. Auch Großeltern, Geschwister, Freunde, Erzieher und Lehrer beeinflussen dich und dein Verhalten. In diesen sozialen Gefügen erlernst du beispielsweise eine politische Einstellung, der Grundstein für die Erziehung deiner eigenen Kinder wird gelegt und hier entwickelst du auch ein konservatives Denken sowie ein starkes Sicherheitsbedürfnis, insofern es dir so vorgelebt wird.
Die Erklärung, weshalb du diese Denkweisen und das dir vorgelebte Verhalten so ungefiltert aufnimmst ist denkbar einfach: Einerseits lernst du am Modell deiner Eltern. Das bedeutet, dass du ihnen schlicht und ergreifend nachahmst ohne ihr Handeln erstmal zu hinterfragen. Andererseits mangelt es dir auch einfach an Alternativen. Besonders im frühen Kindesalter stehst du unter dem konzentrierten Einfluss deiner Eltern – nur wenige Kinder kommen so intensiv auch mit anderen Erwachsenen, von denen sie Verhalten übernehmen können, in Kontakt. Du übernimmst also die Einstellungen, die Weltanschauung und das Verhalten deiner Eltern ganz einfach deshalb, weil du keine andere kennst.
Dein Handlungsspielraum ist als Kind zudem auch dadurch eingeschränkt, dass du dich den Regeln, Werten und Normen, die in deiner Familie gelten anpassen musst. Deine Eltern erziehen dich auf die Art und Weise, die sie für geeignet halten. Als Kind bleibt dir nichts anderes übrig als diese Regeln anzuerkennen und zu befolgen.
Im späteren Leben, wenn du die Bandbreite an Handlungsmöglichkeiten, die dir zur Verfügung stehen entdeckst, hast du die Wahl: Du kannst sagen, denken und handeln was und wie du möchtest. Doch warum greifst du immer noch auf das von den Eltern Übernommene zurück? Ein Grund hierfür kann Stress sein. Erlerntes wird dann besonders häufig abgerufen, wenn es schnell gehen muss. In emotionalen Situationen, wenn richtiges Handeln wichtig ist und schnell herbeigeführt werden muss, wählst du lieber den bekannten Weg – den Weg der eigenen Eltern – als etwas neues, risikobehaftetes zu wagen. Das ganze wird in der Psychologie als automatisiertes Handeln bezeichnet. Das bedeutet, dass du die Handlungsweisen schon so tief verinnerlicht hast, dass du sie sofort und ohne Nachzudenken – automatisiert also – umsetzen kannst ohne dafür viel Energie zu benötigen. Das klingt im ersten Moment sehr praktisch, kann aber auch zu Komplikationen führen. Nicht alles, was du in deinem Elternhaus gelernt hast ist in jeder Situation richtig. Dein Gegenüber hat mit hoher Wahrscheinlichkeit andere Verhaltensweisen erlernt. Unterschiedliche Streitkulturen können hier beispielsweise schnell zum Problem werden. Welche 5 Tipps du befolgen solltest, um Streit in sozialen Beziehungen zu umgehen, kannst du hier nochmal nachlesen. Auch wenn dein erlerntes Verhalten eher emotional und impulsiv ist, kann es sein, dass du dein Gegenüber mit dieser Reaktion überraschst oder verschreckst. Automatisierte Handlungen sind schwer aufzuhalten; mit viel Konzentration und Training kann es jedoch gelingen. Dir bewusst zu machen in welchen Situationen du zu automatisiertem Handeln neigst kann dir außerdem helfen, auslösende Situationen frühzeitig zu erkennen und die Reaktion zu beeinflussen. Kontaktiere mich für mehr Informationen zu diesem Thema und Tipps, wie es dir gelingen kann, weniger impulsiv zu handeln.
Selbsterfüllende Prophezeiung
In manchen Familien ist auffallend, dass sich ganze biographische Passagen zu wiederholen scheinen. Scheidungsreihen über mehrere Generationen oder Frauen, die ohne Anwesenheit des eigenen Vaters aufgewachsen sind und kurz nach der Geburt ihres eigenen Kindes vom Vater verlassen werden, sind nur zwei Beispiele für komplexe biographische Zusammenhänge. Wie kommt es dazu? Eine Erklärung kann wieder im sozialen Lernverhalten gefunden werden: Vielleicht kennst du keinen anderen Umgang mit bestimmten Situationen als den, den deine eigenen Bezugspersonen gewählt haben. Die führt zwangsläufig dazu, dass du dich am Ende in der gleichen Situation befindest wie sie. Eine weitere Erklärung findet sich jedoch auch in dem Phänomen der Selbsterfüllenden Prophezeiung.
Bei einer selbsterfüllenden Prophezeiung handelt es sich um eine anfängliche falsche Bestimmung der Situation, die aber ein neues Verhalten verursacht, das bewirkt, dass die ursprüngliche falsche Auffassung richtig wird.
Auf das Beispiel der Mutter, die kurz nach der Geburt verlassen wird, bezogen äußert sich eine selbsterfüllende Prophezeiung beispielsweise wie folgt: Die Frau hat die Erfahrung gemacht, dass ihre eigene Mutter kurz nach ihrer Geburt vom Vater verlassen wurde, der sich folglich nicht mehr für sein Kind interessierte. Diese Erfahrung ist in ihrer Familie präsent – ihre eigene Mutter erzählte oft, wie schwer diese Zeit für sie gewesen sei und macht der Tochter deutlich klar, wie wichtig es sei, den eigenen Mann nach der Geburt zu halten, um nicht dem gleichen Schicksal zu verfallen und als alleinerziehende Mutter zu enden. Während der eigenen Schwangerschaft sind die Worte der Mutter für die Frau sehr präsent. Sie ist sich permanent darüber bewusst, dass kurz nach einer Schwangerschaft die Chance am höchsten sei, verlassen zu werden – was eine grundsätzlich falsche Bestimmung der Situation ist, die durch die Biographie der eigenen Mutter übernommen wurde. Um ihren Mann nach der Geburt zu halten zeigt sie sehr anhängliches und ängstliches Verhalten, lässt ihrem Mann kaum Freiräume und entwickelt eine hochängstliche Persönlichkeit. Dieses neue Verhalten stößt bei ihrem Mann auf Ablehnung, der sich mehr Freiräume wünscht, sich in der Beziehung eingeengt sieht und die Frau kurz nach der Geburt verlässt – wodurch die von der Mutter übernommene Prophezeiung Wirklichkeit wird.
Ein Weg aus dieser Selbsterfüllenden Prophezeiung ist nur möglich, wenn du das Wissen darüber im Hinterkopf behältst und gut drauf achtest, was du denkst und an was du glaubst. Lese in meiner dreiteiligen Serien zum Thema „Du bist gut, so wie du bist!“ nochmal nach, was es mit Selbsterfüllenden Prophezeiungen auf sich hat, wie sie dein Leben beeinflussen können und wie es dir gelingen kann, das Leben zu führen, dass du dir passt – und dich davor bewahrt, zu werden wie deine Eltern.
Hast du das Gefühl mit biographischen Hindernissen aus deiner eigenen Familie konfrontiert zu sein? Dann kann es sinnvoll sein, daran zu arbeiten um zu vermeiden, dass sich die Erfahrungen deiner Familienmitglieder in deiner eigenen Geschichte wiederholen. Kontaktiere mich!
Glaubenssätze
Ähnlich wie mit der gerade beschriebenen Selbsterfüllenden Prophezeiung verhält es sich auch mit Glaubenssätzen.
Glaubenssätze sind Meinungen und Überzeugungen, die du aus bestimmten Erlebnissen oder Erfahrungen gebildet hast oder die du von anderen Menschen übernommen hast.
Ohne es zu wissen oder zu wollen haben deine Eltern einen Großteil deiner Glaubenssätze geprägt. Durch Selbsterfüllende Prophezeiungen hast du einige dieser Sätze möglicherweise im Laufe deines Lebens bestätigt. Du kannst nicht beeinflussen mit welchen Glaubenssätzen du aufgewachsen bist – du kannst jedoch jetzt, in einem Alter in dem du für dich selbst Verantwortung übernehmen kannst, bestimmen, welche Glaubenssätze du für dich behalten möchtest und welche du nicht mehr benötigst. Das kann deine Einstellung gegenüber beinahe allen Bereichen deines Lebens verändern. Haben deine Eltern dir beigebracht, dass „du alles alleine schaffen musst, weil dir keiner hilft“? Dann ist es jetzt möglicherweise an der Zeit zu lernen, um Hilfe zu fragen und festzustellen, dass du deine sozialen Beziehungen dadurch verbessern und mehr Nähe zulassen kannst – ganz zu Schweigen davon, dass du von den Stärken anderer profitieren kannst und nicht in allem perfekt sein musst. Wurde in deiner Erziehung fest verankert, dass „Männer nur das Eine wollen“? Dann hast du jetzt die Wahl, dein Urteil über zumindest einige der Männer neu zu fällen und damit die Chance, einen Partner für eine respekt- und liebevolle Beziehung zu finden. Hast du die Einstellung übernommen, dass „andere dich immer nur übers Ohr hauen wollen“? Dann entscheide dich doch jetzt, deinem Umfeld die Chance zu geben, dir das Gegenteil zu beweisen. Lass dich davon überraschen wie viel Hilfsbereitschaft und Güte dir begegnen wird, wenn du die Augen dafür öffnest.
Es gibt unzählige Glaubenssätze, die du möglicherweise übernommen hast. Werde dir bewusst, welche das sind. Schaue genau hin, ob du sie jetzt – als erwachsener Mensch – noch benötigst oder ob es nicht möglich ist, sie zu ersetzen. Einen Glaubenssatz zu brechen ist nicht immer leicht. Du hast sie jahrelang eingeübt und trainiert. Das Gute ist: Du kannst sie dir auch wieder abtrainieren oder dir neue Glaubenssätze angewöhnen. Lese hier mehr zum Thema Glaubenssätze und erfahre, wie sie entstehen und wie du sie wieder loswirst. Finde mit meiner Hilfe heraus, welche neuen, positiven Glaubenssätze besser zu dir passen und lerne, wie du sie dauerhaft in dein Leben integrierst.
Nicht so werden wie die eigenen Eltern
Es ist schwer, die eigenen Glaubenssätze zu brechen, Selbsterfüllende Prophezeiungen zu vermeiden und selbst in Stresssituationen neue Wege zu gehen statt auf Bekanntes zurück zu greifen. Es erfordert viel Übung und Durchhaltevermögen. Doch dieser eine Satz
Ich will nicht so werden wie meine Eltern
stammt doch von dir, oder? Und das sollte Motivation genug sein, die Veränderung jetzt zu beginnen. Es ist dein Leben und du hast die Möglichkeit, es nach deinen eigenen Wünschen zu gestalten. Merke dir: Nicht alles was deine Eltern machen ist schlecht. Für viele Handlungen hatten sie zu dem Zeitpunkt, als sie so gehandelt haben, gute Gründe. Überlege dir genau, welche der Handlungsweisen, welche Denkstrukturen und welche Glaubenssätze du verändern willst und welche vielleicht doch irgendwie ihren Nutzen haben. Und dann mache den ersten Schritt in Richtung Veränderung. Gerne unterstütze ich dich dabei!
Linda Mitterweger (Psychologin, M.Sc.)
Ich unterstütze Menschen dabei, die Probleme und Herausforderungen, die ihnen das Leben stellt, aus eigener Kraft heraus zu meistern. Meinen Klienten gelingt es, durch meine Hilfe, ihre persönlichen Ziele zu erreichen und gute Lösungen für sich zu finden.
In meiner psychologischen Online-Beratung PSY-ON berate ich Einzelpersonen und Paare psychologisch via Videochat, Telefon und Chat. In meiner Fernbeziehungsberatung biete ich Paartherapie via Videochat von zwei verschiedenen Orten an.
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