Was Stress mit dir macht! Die Fight-Flight-Freeze-Theorie
Was Stress mit dir macht!
Die Fight-Flight-Freeze-Theorie
Schon seit der Steinzeit hat der Mensch unterbewusste Strategien entwickelt, auf Stress zu reagieren. Im Vergleich zu den Menschen in Urzeiten sind wir jedoch heutzutage mit Stress konfrontiert, der über längere Zeitspannen anhält. Dies stellt Körper und Geist vor neue Herausforderungen – die Möglichkeiten zum Umgang mit Stress sind jedoch gleich geblieben. Erfahre in diesem Artikel mehr über die „Fight-Flight-Freeze“-Theorie, die erklärt, wie du typischerweise in Stresssituationen reagierst und lerne, was kurzzeitiger aber auch langanhaltender Stress für Reaktionen in deinem Körper auslöst.
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Kennst du eine der folgenden Situationen?
- Du schreist deinen Partner an, weil er über eine rote Ampel gefahren ist.
- Dein Kind ist kurz davor, auf die heiße Herdplatte zu fassen oder die Klinge eines scharfen Messers zu berühren und du schlägst ihm auf die Finger.
- Weil du nicht weißt wer dort noch sein wird, schlägst du die Einladung zu einer Feier oder einem Abendessen aus.
- Sobald ein Meeting offiziell beendet ist verlässt du sofort den Raum, um nicht die Möglichkeit zu bieten, angesprochen zu werden und Fragen beantworten zu müssen.
- Dir wird eine Frage von deinem Chef oder Dozenten gestellt, auf die du die Antwort nicht kennst und du bleibst stumm sitzen, zeigst keine Reaktion.
- Du beobachtest wie jemand mit dem Fahrrad stürzt, einen Autounfall baut, o.Ä. und bleibst wie angewurzelt stehen, schließt die Augen, hältst dir möglicherweise die Hände vors Gesicht.
All dies sind typische menschliche Reaktionen auf Stresssituationen, die sich im täglichen Leben bieten. In echten Gefahrensituationen kann dich dein Körper durch diese Reaktionen sogar vor Schlimmerem beschützen. Die lebensbedrohlichen Situationen, auf die der Mensch in der Steinzeit reagieren musste, treten heute jedoch selten bis nie auf. Die oben beschriebenen alltäglichen Situationen geschehen meist ungeplant und unbewusst – das Gehirn reagiert automatisch; ganz wie in Urzeiten. Das Verhalten, dass du automatisch zeigst wirkt daher, wie in den oben beschriebenen Beispielen, oft unangebracht. Leider ist es nicht so einfach, seinen Flucht-, Kampf- oder Einfrier-Impuls zu kontrollieren. Ein Verständnis dafür zu entwickeln wie der Körper reagiert und weshalb, kann dir jedoch helfen.
Reaktion auf Stress: Fight – Flight – Freeze
In erster Linie geht es bei jeder der drei Reaktionen um Selbstschutz, der das eigene Überleben sichern soll. In deinem Gehirn sowie in deinem Körper werden alle zur Verfügung stehenden Kräfte und Ressourcen mobilisiert, um eine der drei typischen Stressreaktionen auszuführen: Kämpfen – Flüchten – Einfrieren. In der heutigen Zeit, in der uns kaum lebensgefährliche Situationen mehr begegnen, interpretiert unser Körper Situationen manchmal fälschlicherweise als bedrohlich. Diese falschen Alarme führen zur selben Reaktion wie in Situationen, in denen du einer realen Gefahr begegnest.
Exkurs: Die Biologie hinter deinem Stressempfinden
In Stresssituationen wird deinem Stammhirn, das dafür zuständig ist, alle Wahrnehmungen zu überprüfen, ein Signal gesendet, das auf eine Gefahr hinweist. Anstatt die Information, wie bei ungefährlichen Situationen, ins Großhirn weiterzuleiten, reagiert dein Gehirn sofort und versetzt deinen Körper automatisch in einen Überlebens-Modus. Bevor du einen weiteren Gedanken daran verschwenden kannst, wodurch die bedrohliche Angst ausgelöst wurde, reagiert dein Körper bereits – mit Flucht, Kampf oder Einfrieren.
Exkurs: Deine körperliche Reaktion auf Stress
Mit sofortiger Wirkung verändern sich deine körperlichen Reaktionen: Du atmest schneller und flacher, hyperventilierst möglicherweise. Durch die veränderte Sauerstoffaufnahme kann es passieren, dass du dich fühlst, als würdest du ohnmächtig werden – dies ist unter Stress aufgrund deines hohen Blutdrucks sowie deiner hohen Herzrate jedoch fast nicht möglich, denn: Dein Herz schlägt schneller als üblich. Manchmal kannst du sogar Brustschmerzen feststellen, die an einen Herzinfarkt erinnern aber nur ein Symptom deiner Stressreaktion sind.
Tipp: Durch gezielte Atemübungen kannst du lernen, diese körperlichen Reaktionen zukünftig besser zu steuern und schmerzhafte Stressreaktionen zu vermeiden.
Dein Körper pumpt zudem dein Blut sehr schnell in deine Körpermitte und deine Beine, um dir eine schnelle Flucht zu ermöglichen. Gleichzeitig werden Körpersysteme, die nicht unmittelbar zur Flucht benötigt werden, heruntergefahren. Dies kann zu einem flauen Gefühl im Magen führen. Typisch für diese Körperreaktion ist auch, dass du kalte Hände bekommst, sich kalter Schweiß auf deinem Körper bildet, der dich vor Überhitzung schützen soll, und dein Mund austrocknet.
Auch deine Sichtweise verändert sich – oft leidest du in Stresssituationen unter einem Tunnelblick, der dir helfen soll, den Fokus auf das Wesentliche zu lenken: Den Kampf oder die Flucht.
Fight – Die Kampfreaktion auf Stress
Bei der Fight-Reaktion wartest du nicht lange ab sondern legst direkt los. Du wehrst dich verbal oder körperlich. Diese Reaktion wurde in den ersten beiden oben beschriebenen Situationen gezeigt. Die Fight Reaktion kann hilfreich sein, wenn du dich beispielsweise bei einem körperlichen Übergriff wehren musst. Wenn du sie jedoch in jeder schreckhaften Sekunde anwendest wirst du nicht nur dein Gegenüber verärgern; auch dein Körper wird in dauerhafte Alarmbereitschaft versetzt. Die dann bereit gestellte Energie wird im normalen Alltag aber nicht gebraucht.
Tipp: Wenn du dazu neigst, die Kampfreaktion als Abwehr gegen Stress zu zeigen, kann dir körperliche Betätigung oder Sport helfen, die überschüssige bereitgestellte Energie abzubauen. Denn die Bewegung kommt der Ur-Reaktion des Kampfes am nächsten – aus diesem einfachen Grund hilft Sport gegen Stress. Das gleiche gilt übrigens auch für Personen, die bei Stress eine Fluchtreaktion zeigen.
Flight – Flüchten bei Stress
Fliehst du aus Stresssituationen, hilft dir das ausgeschüttete Adrenalin und Noradrenalin zu mehr Geschwindigkeit und Kraft. Das Blut, das aus deinem restlichen Körper in deine Beine gepumpt wurde unterstützt dich bei schnellen und spontanen Bewegungen. Sehr sinnvoll kann das sein, wenn du beispielsweise im Straßenverkehr spontan ausweichen musst oder mit dem Fahrrad auf ein plötzlich aufkommendes Hindernis reagieren musst. Doch auch hier kann es passieren, dass die aufgebrachte Energie nicht benötigt wird und sich anstaut – befolge auch hier den oben beschriebenen…
Tipp: Sport hilft, überschüssige Energie loszuwerden und Stress auszugleichen. In der zweiten und dritten oben beschriebenen Situation zeigt sich ein typisches Fluchtverhalten der heutigen Zeit.
Freeze – Einfrieren und warten, bis der Stress vorbei geht
Ein wenig anders verhält es sich bei der Freeze-Reaktion, dem Einfrieren, die in den letzten beiden oben beschriebenen Beispielen gezeigt wurde. Wenn keine Möglichkeit besteht, der Situation zu entkommen, greifst du möglicherweise auf diese Art der Reaktion zu. Sie entspricht praktisch einer Scheintod-Reaktion: Du resignierst und ergibst dich deinem Schicksal. Im Gegensatz zu den anderen beiden Reaktionen fährt dein Puls beim Einfrieren nach unten. Dein Schmerzempfinden vermindert sich. Deine Fähigkeit zu Denken ist eingeschränkt weshalb du später kaum oder gar keine Erinnerungen an die Situation hast. Hilfreich kann diese Reaktion beispielsweise bei Überfallen oder Unfällen sein. Jedoch reagierst du manchmal bei andauerndem Stress, beispielsweise auch auf Situationen mit Zeitdruck, mit Einfrieren und Erstarren – diese kontraproduktive Reaktion erschwert jedoch in dieser Situation die Lösung.
Was tun gegen diese Stressreaktionen?
Über die Zeit führt dauerhaft hoher Stress, Depression und ein hohes Maß an anhaltender Ängstlichkeit dazu, dass du zwischen gefährlichen Situationen und solchen, die du fälschlicherweise als gefährlich interpretierst, nicht mehr klar unterscheiden kannst. Das führt dazu, dass du öfter als normal diese, für den Körper sehr anstrengenden, Stressreaktionen zeigst.
Dir bewusst zu machen, wie du auf Stress reagierst kann dir helfen, diese Situationen besser als bisher zu erkennen. Außerdem kann es dir so gelingen, die Stressreaktion früher zu unterbrechen und für dich zu überprüfen, ob die Situation eine wirkliche Gefahr darstellt.
In einer psychologischen Beratungssitzung können wir außerdem an deinen persönlichen Stressauslösern arbeiten. Lass uns gemeinsam herausfinden, wodurch deine Stresssituation ausgelöst wird, wie du darauf reagierst und mit welchen Fähigkeiten, die du bereits in dir trägst, es dir gelingen kann, zukünftig besser mit Stress umzugehen.
Auch in sozialen Beziehungen bist du oft mit stressvollen Situationen konfrontiert. Es gibt verschiedene typische Verhaltensmuster, die du dann an den Tag legen kannst. Lese sie in meinem Blogartikel „Wie wir miteinander sprechen“ nochmal nach und finde heraus, welches Verhaltensmuster am ehesten auf dich zutrifft. Erfahre außerdem wie es dir auch in sozialen Stresssituationen gelingen kann, angemessen zu reagieren und die Situation aufzulösen bevor sie eskaliert.
Linda Mitterweger (Psychologin, M.Sc.)
Ich unterstütze Menschen dabei, die Probleme und Herausforderungen, die ihnen das Leben stellt, aus eigener Kraft heraus zu meistern. Meinen Klienten gelingt es, durch meine Hilfe, ihre persönlichen Ziele zu erreichen und gute Lösungen für sich zu finden.
In meiner psychologischen Online-Beratung PSY-ON berate ich Einzelpersonen und Paare psychologisch via Videochat, Telefon und Chat. In meiner Fernbeziehungsberatung biete ich Paartherapie via Videochat von zwei verschiedenen Orten an.
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