Missverständnisse in Fernbeziehungen vermeiden

Veröffentlicht von Linda Mitterweger am

„So habe ich das nicht gesagt….“

Missverständnisse in Fernbeziehungen vermeiden


Fällt auch in deiner Beziehung regelmäßig der Satz „Du verstehst überhaupt nichts!“, „So habe ich das nicht gemeint!“ oder „Es macht keinen Sinn, dir das nochmal zu erklären!“? – Dann bist du damit nicht alleine. Fast alle Personen, die in meine Fernbeziehungsberatung kommen, beschweren sich darüber, von ihrem Partner nicht verstanden zu werden oder noch schlimmer: Missverstanden zu werden. Andersrum sind sie meist der Meinung, genau zu wissen, was ihr Partner sich wünscht und was ihm gut tut.

Erfahre in diesem Artikel, weshalb es gerade in Fernbeziehungen so oft zu Missverständnissen kommt. Erhalten Informationen darüber, wie stark deine subjektive Sichtweise und deine Interpretation dein Bild der Situation lenkt. Finde heraus was du wirklich brauchst und lerne, Missverständnisse durch eindeutige Kommunikation zu vermeiden.

     

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    Missverständnisse in Fernbeziehungen

     

    Vor einigen Wochen habe ich bereits darüber geschrieben, wie es dir gelingen kann, Streit in sozialen Beziehungen zu vermeiden. Lese hier nochmal meine 5 Tipps. Mit Missverständnissen verhält es sich ähnlich. Auch sie treten meist auf, weil du deine Wahrnehmung der Situation für allgemein gültig hältst und davon ausgehst, dass dein Partner die Situation genauso interpretiert wie du selbst.

     

    Sei dir deiner subjektiven Sichtweise bewusst

     

    Was du sagst und was dein Partner hört, sind zwei verschiedene Dinge.

    Beispiel aus der Praxis

    Vor Kurzen berichtete mir eine Klientin, sie habe mit ihrem Partner über die Kommunikation in ihrer Fernbeziehung gesprochen. Bisher hatte das Paar regelmäßigen und täglichen Kontakt über Kurznachrichten – der telefonische Kontakt sei jedoch eher sporadisch. Sie telefonierten unregelmäßig für wenige Minuten – oft auf dem Weg von oder zur U-Bahn. Meine Klientin beschwerte sich bei ihrem Partner indem sie sagte: „Wir sprechen viel zu wenig. Ich will das Telefonieren in Zukunft besser geklärt haben. Ich habe das Gefühl, dass du dir nur Zeit für mich nimmst, wenn du nichts Besseres zu tun hast.“  Ihr Partner reagierte verärgert. Auf meine Nachfrage, wie zufrieden er mit der Kommunikation in der Beziehung sei meinte er: „Ich finde, dass wir das gut gelöst haben! Während meiner Arbeitszeit kann ich nicht einfach Telefonpausen einlegen. Ich arbeite oft so lange, dass meine Freundin schon wieder beim Sport ist oder mit Freunden ausgeht. Auch die Zeit, zu der wir schlafen gehen, unterscheidet sich – ein Gute-Nacht-Telefonat ist deshalb gar nicht möglich. Ich gebe mir große Mühe, diese Telefonzeiten auf dem Weg zur U-Bahn frei zu halten. Dafür hat meine Freundin natürlich wieder gar keinen Blick; immer beschwert sie sich nur.“

    Spannend an dieser Situation war für mich, dass bei dem Paar ein Konflikt entstand obwohl beide den gleichen tiefen Wunsch teilen: Mehr miteinander sprechen und in gutem persönlichem Kontakt bleiben – auch über die Distanz.

    Als ich die Beiden darauf aufmerksam machte, dass ihr Wunsch der gleiche sei und ihr Ärger möglicherweise auf der Enttäuschung darüber basierte, dass sie bisher keinen besseren Weg gefunden hatten, diesen zu erfüllen, zeigten sie sich versöhnlich. Das Wissen über ein gemeinsames Ziel – mehr telefonischen Kontakt – spendete Trost.

     

    Subjektive Sichtweise bewusst machen

     

    Deshalb beachte bitte Folgendes:

    • Möglicherweise interpretierst du das Verhalten deines Partners meist auf Basis deiner Vorerfahrung und Geschichte – daraus können Missverständnisse entstehen. Wahrscheinlich unterscheidet sich dein Partner in seinem Verhalten und seiner Denkweise von früheren Partnern oder anderen Personen aus deinem Umfeld. Gebe ihm also die Chance, sein Verhalten neutral wahrzunehmen ohne vorschnell zu interpretieren. Wie dir das gelingen kann, kannst du in meinem Artikel „Warum wir immer das Gefühl haben, im Recht zu sein“ nochmal nachlesen.
    • Sei dir bewusst, dass deine subjektive Sichtweise deine Wahrnehmung der Situation stark beeinflusst. Versuche, dich in deinen Partner hineinzuversetzen und auch seine Sichtweise zu verstehen. Natürlich kannst du zu keinem Zeitpunkt vollständig nachvollziehen, was deinen Partner zu seinem Verhalten bewegt – frage ihn also! Er kann es dir sagen und ihr könnt Missverständnisse so ganz leicht umgehen. Erfahre in meinem Artikel „5 Tipps zum Umgang mit Erwartungen“ wie dir das besser gelingen kann.
    • Teile deinem Partner deine Wünsche und deine Bedürfnisse mit – klar und deutlich. Verlange nicht von ihm, deine vagen Aussagen zu interpretieren. Gebe ihm alle Informationen, die er braucht, um dein Verhalten zu verstehen und deine Bedürfnisse zu erfüllen. Lese hier nochmal nach, wie es dir gelingen kann, dir über deine Bedürfnisse klar zu werden und erfahre im Artikel „Zeige dich“, wie du deinem Partner diese auch mitteilen kannst.

     

    Andere Interpretation der Situation

     

    Mache dir die verschiedenen Interpretationen bewusst

    Es gibt für jede Situation mehrere Interpretationen:

    Mein Paar aus der oben beschriebenen Beratungssituation hadert mit Missverständnissen über folgende Situation:

    Sie führen unregelmäßig kurze Telefonate; meist auf dem Weg zur U-Bahn.

    Mögliche Interpretationen können beispielsweise sein:

    • Die Partnerin ist wütend, weil sie das Gefühl hat, ihrem Partner nicht wichtig zu sein, da er scheinbar keinen Teil seiner Freizeit für ein Gespräch mit ihr verwendet.
    • Sie ist besorgt, weil sie bemerkt, über wie wenig freie Zeit er verfügt und hat Sorge, er könnte sich überarbeiten.
    • Die Partnerin ist traurig, weil sie sich alleine gelassen und vergessen fühlt.
    • Sie ist fröhlich, weil sie so mehr Zeit für ihre Sportkurse und das Ausgehen mit ihren Freunden hat und keinen Telefonverabredungen nachkommen muss.
    • Die Partnerin ist enttäuscht, weil sie gerne länger und in Ruhe mit ihrem Partner telefonieren würde.

    Wie fühlst du dich, wenn du die verschiedenen Interpretationen liest? Gibt es eine Art der Interpretation, die dich sofort anspricht? Ist eine dabei, die dich überrascht und an die  du selbst nie denken würdest? Sei dir bewusst, dass jeder Mensch sich von verschiedenen Interpretationen angezogen fühlt. Nehme wahr, wie verschieden ein und dieselbe Situation interpretiert werden kann. Was für dich die einzig logische Interpretation und Erklärung ist kommt deinem Partner möglicherweise gar nicht in den Sinn.

    Wenn du dir diese Tatsache – wie viele mögliche Interpretationen es gibt und dass jeder von uns dieselbe Situation völlig unterschiedlich weiter verarbeitet – bewusst machst, kann es dir gelingen, Missverständnisse zu vermeiden und sogar echtes Verständnis für die Sichtweise deines Partner aufzubringen.

     

    Fernbeziehung verschiedene Interpretationen

     

    Kommuniziert eindeutig

    Auch wenn du verstanden hast, dass du möglicherweise eine andere Sichtweise der Dinge hast als dein Partner, habt ihr noch nicht geklärt, in welchen Punkten sie sich genau unterscheiden. Das ist aber nötig um herauszufinden, was ihr möchtet und braucht.

    Befolge also die folgenden Tipps:

    Fernbeziehungs-Tipp: Sage deutlich, was du willst.

    Dein Partner versteht wahrscheinlich, dass du die Situation anders interpretierst als er – er weiß aber noch nicht wie. Sag es ihm und gebe ihm so die Chance, die Situation zu verändern, so dass es dir dabei besser geht – vermeidet auch zukünftig Missverständnisse. Achte dabei darauf, die Grundsätze der Gewaltfreien Kommunikation einzuhalten.

    1. Sage ihm, wie du die Situation wahrnimmst – neutral und ohne zu werten.
    2. Erkläre deinem Partner, was die Situation mit dir macht und wie du dich fühlst.
    3. Äußere das Bedürfnis, das die Situation in dir auslöst.
    4. Spreche abschließend eine direkte Bitte aus.

    Im Fall meiner Klientin könnten also zukünftige Missverständnisse dadurch vermieden werden, dass sie – statt ihren Partner anzuklagen – ihre Bitte folgendermaßen formuliert: „Wenn du mich auf dem Weg zur U-Bahn anrufst fühle ich mich verärgert und habe das Gefühl, dir nicht sehr wichtig zu sein. Ich brauche mehr und regelmäßigeren telefonischen Kontakt zu dir, für den wir uns Zeit nehmen. Können wir bitte zukünftig zwei Telefontermine pro Woche vereinbaren, für die wir uns jeweils 30 Minuten ungestörte Zeit füreinander nehmen?“ Durch eine deutliche Kommunikation der Wahrnehmung, Interpretation, des Wunsches und der Aussprache einer klaren Bitte ist nun der vertrauensvolle Raum eröffnet, den Wunsch und die Bitte zu diskutieren und eine gemeinsame Lösung zu finden. Entscheidend dafür ist, seine Bedürfnisse vor dem Partner offen zu legen statt sie hinter Vorwürfen zu verstecken. Lese hier nochmal nach, wie es dir gelingen kann, dich zu zeigen.

     

    Bitte an Partner formulieren

     

    Fernbeziehung-Tipp: Frage nach, ob du deinen Partner richtig verstanden hast.

    Unterschätze nicht, wie sehr deine eigene Geschichte und deine Sichtweise selbst solche klaren Kommunikationssituationen noch beeinflusst. Frage deshalb immer nach, ob du deinen Partner richtig verstanden hast. Mein Klient könnte seine Partnerin also fragen: „Habe ich dich richtig verstanden, dass du unser Telefonat auf dem Weg zur U-Bahn als Zurückweisung empfindest und dich nicht geschätzt fühlst?“ Frage deinen Partner, was er sich von dir wünscht und was er von dir braucht. So schafft ihr einen Raum, in dem offen über Gedanken, Gefühle und Bedürfnisse gesprochen werden kann und Lösungen möglich sind. Gerne unterstütze ich euch in eurer Kommunikation als Paar – schreibt mir!

     

    Finde heraus was du brauchst

    Oft entstehen Missverständnisse daraus, dass du etwas brauchst, das du nicht sagst. Manchmal weißt du selbst nicht, was du brauchst. Spüre in dich! Es gibt einige Dinge, die besonders oft gebraucht werden, vielleicht kennst du einige davon aus deiner eigenen Erfahrung:

    • Verständnis
    • Einen Zuhörer
    • Tröstende Worte
    • Eine Umarmung
    • Das Gefühl der Zusammengehörigkeit
    • Ablenkung
    • Ruhe und Rückzug
    • Einen Tipp – Vorsicht: Vielleicht gibst du deinem Gegenüber manchmal ungefragt Tipps, weil du denkst, dass das für ihn hilfreich ist. Tipps helfen nur dann, wenn sie wirklich gebraucht werden. Verlange also nach Tipps, wenn sie für dich hilfreich sind, gebe deinem Gegenüber jedoch nur einen Tipp, wenn du dich vorher versichert hast, dass er genau das gerade braucht. Einen Tipp zu bekommen, obwohl du Verständnis benötigst, verschlimmert das Missverständnis und die Situation oft noch.

    Vorsicht mit falschen Interpretationen aufgrund der eigenen Geschichte. Nicht jeder braucht in der Situation das, was du vielleicht in genau dieser Situation benötigen würdest. Frage dein Gegenüber also, was es gerade von dir braucht. Andersherum: Der Andere kann nicht erraten, was du von ihm benötigst – werde dir also darüber klar und kommuniziere es.

     

    Missverständnis am Telefon

     

    In Fernbeziehungen, in denen der persönliche Kontakt selten ist und der meiste Austausch über Videochat, Telefon und Kurznachrichten stattfindet, erhöhte sich die Häufigkeit für Missverständnisse. Über diese Medien ist die Wahrscheinlichkeit, sich falsch zu verstehen erhöht – eigene Erwartungen und Bedürfnisse können zudem nicht so leicht kommuniziert werden. Lese in meinem Artikel „Fernbeziehung & Kommunikation“ deshalb nochmal meine Tipps nach, wie du den Kontakt in der Fernbeziehung gestalten kannst, so dass er zu dir und deiner Beziehung passt.

    Wie auch bei vielen anderen Herausforderungen in der Fernbeziehung können Missverständnisse durch eine Bewusstmachung der eigenen subjektiven Sichtweise und der verschiedenen möglichen Interpretationen sowie einer Kommunikation der eigenen Gefühle und Bedürfnisse vermieden werden. Erzähle mir sehr gerne, mit welchen Missverständnisse du in deiner Fernbeziehung konfrontiert bist! Schreibe mir und erzähle mir von deiner Beziehung.


    In der Reihe „Fernbeziehungs-Freitag“ setze ich mich jeden Freitag mit einer Herausforderung auseinander, die sich für Paare in Fernbeziehungen stellt. Hier findest du eine Übersicht an Themen, die am Fernbeziehungs-Freitag behandelt werden.


    Linda Mitterweger Psychologe Psychologin Berater Beraterin PSY-ON HilfeLinda Mitterweger  (Psychologin)

    Ich helfe Menschen in Fernbeziehungen, trotz der Distanz eine erfüllte Partnerschaft zu leben. Ich selbst habe bereits viele Jahre Fernbeziehungen geführt und kenne die Herausforderungen, die diese Beziehungsform bietet – aber auch die Chancen. Mit meiner Unterstützung kannst du die Kommunikation und Offenheit in deiner Beziehung stärken und so gute Lösungen für die Herausforderungen finden, die sich dir in deinem Leben und in deiner Fernbeziehung stellen. Neben Einzelsitzungen und Online-Paartherapie biete ich Beratungspakete zu verschiedenen psychologischen Themen an. Kontaktiere mich für deine 90-minütige Power-Session oder verabrede direkt online deinen nächsten Termin.


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